Diskusion: Erwachsene misshandelt als Kinder - was ist Kindheitstrauma. Was sind die psychischen, körperlichen und genetischen Folgeschäden? Wie krank sind heute die Erwachsenen misshandelt als Kinder? Wie informiert sind Allgemeinärzte über die Folgeschäden? Warum wird das Thema Heimkinder politisch nur scheinbar adressiert? Und wer trägt die Verantwortung?
Tuesday, May 18, 2021
Friday, May 7, 2021
Offener Brief an Wolfgang Wagner Ev. Akademie Bad Boll
Antwort: wolfgang.wagnerkein spam@ev-akademie-boll.de
Offener Brief an Wolfgang Wagner Ev. Akademie Bad Boll
1. 9. 2006
Sehr geehrter Herr Wagner,
In Ihrer Stellungsname „Das Leid der frühen Jahre -
Zur kirchlichen Heimerziehung in der Nachkriegszeit“ vom 24.02.06 erwähnen
sie: „Kritisch wird vermerkt, dass sich die Kirchen vor dem offiziellen
Eingeständnis ihrer Schuld gegenüber den ehemaligen Heimkindern drücken, wenn
sie auch Vorwürfe nicht mehr einfach abwehren.“
Meine Frage ist, was haben die kirchlichen Institutionen
nach den Anklagen getan?
Nichts!
Nur leere Worte des Bedauerns.
Keiner der Angeschuldigten hat bis heute versucht, die Vergehen gegen die Menschlichkeit,
noch das gesetzliche Recht wieder gutzumachen. Im Gegenteil. Es herrscht ein
dunkles Schweigen seitens der Anstallten und Behörden, speziell in Bayern, die
nicht anders zu deuten ist als dass sie sich der rechtlichen und christlichen
Verantwortung entziehen.
Keiner der Misshandelten wurde von den betreffenden Anstalten kontaktiert, um
eine Verhandlungsbasis für eine Wiedergutmachung zu erstellen.
Das passive Verhalten, das Nichtagieren der kirchlichen Einrichtungen, kreiert
für die Misshandelten eine neue traumatische Situation, und sie müssen wieder
erkennen, wie schon vor 30-40 Jahren, wie wenig sie auch noch heute wert sind.
Jürgen Gohde formulierte den Satz: „An dieser Stelle müssen wir feststellen,
dass das zu dem Teil der Geschichte gehört, mit dem wir leben müssen.“
Es ist nicht Herr Gohde der mit der grausamen Geschichte leben muss. Er, wie
viele andere, die die schrecklichen Ereignisse der Vergangenheit zur
Zufriedenheit der Betroffenen mit lösen könnten, wählen die Rolle des passiven
Zuschauers und hoffen, dass sich diese Unannehmlichkeiten in Kürze im Sande
verlaufen und dass die nach Gerechtigkeit Schreienden bald verstummen.
Es ist der Traumatisierte, die einstmals unbezahlten Kinderarbeiter und
Misshandelten, die noch immer mit Angstzuständen, PTBS, dem Stigma von
Minderwertigkeit und den fehlenden Rentenjahre aus der Zeit der
Kinderversklavung leben muss.
Damit die Ohnmacht der Ohnmächtigen anhält, verschwinden Akten der Betroffenen.
Z. B. es gibt keine Beweise mehr, dass in den Rummelsberger Anstalten Hunderte
von Zöglingen waren, die unterm dem Drill der christlichen Nächstenliebe
misshandelt wurden, Lehrausbildungen machten und arbeiten mussten.
Selbst in verschiedenen bayerischen Jugendämtern sind Akten geflissentlich
verschwunden. Und so werden die Anklagen unter der Last fehlender Beweise
verschwinden - keine Akten, keine Beweise von Schuld, ergo: keine
Wiedergutmachung nötig.
Damit beginnt ein neuer Trauma-Kreislauf für die vielen Misshandelten.
War es nicht schon das einstmals unschuldige Kind, das um sein Überleben
kämpfen musste und es heute als Misshandelter wieder tun muss, aber in der
Zwischenzeit mit dem Trauma am Rande der Gesellschaft leben muss!
Doch die Verantwortlichen leben, ohne Gewissen, in der Verleugnung unbehelligt
weiter und beschützen ihren Reichtum, der durch Kinderarbeit, Erniedrigungen
und Gewalt gewonnen wurde.
Und das alles geschieht heute noch im Namen der Christlichen Nächstenliebe!
Mit Freundlichen Gruß,
Sieglinde W. Alexander
Adults Abused as Children Worldwide
Erwachsene Misshandelt als Kinder
2021 - noch immer kein Sieg für Opfer in Deutschland
2021 noch immer kein Sieg für Opfer in Deutschland
Original Artikel: „A victory for
victims”
Irish Independent Freitag, 20. Juli 2007
https://www.independent.ie/irish-news/a-victory-for-victims-26305809.html
Übersetzung:
Nicht jeder Vater hat das Privileg, mit einem seiner Kinder zusammenarbeiten zu
können.
Als Bill Roberts Tochter Jane nach ihrer Ausbildung zur Schreinerin die Werkbank
mit ihm teilte, war er verständlicherweise sehr stolz.
Doch ihre Zusammenarbeit währte nicht sehr lange, denn Jane nahm sich das
Leben.
Die heile Welt von Janes Kindheit zerbrach im Alter von acht Jahren, als sie in
einem öffentlichen Schwimmbad sexuell misshandelt wurde. 18 Jahre später beging
sie Selbstmord.
Richterin
Alice Doyle befand gestern, dass ihr Tod im ursächlichen Zusammenhang mit der
durch den sexuellen Übergriff entwickelten Persönlichkeitsstörung steht. Die
Richterin entschied mit einer
lobenswerten Klarheit: „Ihre Krankheit wurde durch sexuelle Misshandlung in
ihrer Kindheit hervorgerufen und führte zur Selbsttötung“.
Nach einem heroischen sechs Jahre dauernden Kampf wurden der Familie Roberts 25
000 Euro zugesprochen, die Höchstsumme in einer privaten Schadensersatzklage.
Aber niemand verstand diese finanzielle Zuwendung als Trost oder Entschädigung.
Mr. Roberts erklärte: „Die emotionale Verwüstung nach dem Suizid ist unbeschreiblich
und ein Weiterleben für uns damit sehr schwierig“.
Die treibende Kraft, diesen Kampf bis zum Ende auszutragen, war der Wunsch, der Tochter ihren Seelenfrieden zurückzugeben. Ihr kräftezehrender Kampf setzt einen neuen Meilenstein in Sachen Mut.
“Es gibt keine finanzielle Wiedergutmachung“, erklärte Mr. Roberts, “Uns ging
es um das Andenken an das Opfer, die Erinnerung an alle zu Unrecht zu Tode
gekommenen und ihre Angehörigen“.
Der Anwalt der Familie setzt ihren Triumph zum rechtlichen Kontext: “Die
Richter begreifen endlich, dass eine psychische Krankheit genauso tödlich sein
kann wie eine physische“.
Für alle in diesem Land von sexueller Misshandlung Betroffenen, und derer gibt
und gab es schon zu viele, stellt diese Entscheidung letztlich einen der in
diesem Bereich wenigen zu verzeichnenden Erfolge dar.
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Kommentar von Sieglinde Alexander.
Zum ersten Mal wurde in der europäischen Rechtssprechung (in Irrland) anerkannt,
dass frühkindliches Trauma langfristige Folgeschäden hat, die auch zum Suizid
führen können.
Werden andere Gerichte diesem Beispiel folgen?
In der Psycho-Neuro Forschung wurde schon lange bewiesen, dass Kindheitstrauma
zu Gehirnveränderungen führt und, dass schwere Traumata in vielen Fällen auch
durch Therapie nie geheilt werden können.
Wann wird die deutsche Justiz diese Forschungsergebnisse als unumstößliche
Fakten von Gewalt und Menschenrechtsverletzung in die Rechtsprechung aufnehmen?